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· 8 Minuten Lesezeit

Das Herz & die Lungen: Wie hängt das zusammen?

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Was steckt in einem Namen?

Betrachten wir Lungenfunktionstests. PFTs sind der Goldstandard für Ärzte, die Menschen mit Atemproblemen von Asthma bis hin zu Lungenfibrose behandeln, sowie für die Diagnose von Menschen mit Dyspnoe ohne klare Ätiologie. Sobald ein Arzt beurteilen kann, wie viel Gas die Lunge speichert, wie gut dieses Gas ein- und ausströmt und wie gut Sauerstoff und Kohlendioxid von den Lungenbläschen in den Blutkreislauf übergehen, kann er oder sie mit der Entwicklung personalisierter Behandlungsmethoden beginnen, die dem Patienten das Atmen erleichtern.

Aber die Lunge kann natürlich nicht in einem Vakuum existieren, weder wörtlich noch im übertragenen Sinn. Die Funktion der Lunge kann durch eine Reihe von Störungen im Organismus dramatisch beeinträchtigt werden. Bei Menschen mit Problemen wie Brustwanddefekten oder Fettleibigkeit können mechanische Beeinträchtigungen eine optimale Lungenfunktion verhindern. Auch Probleme im Zentralnervensystem können sich auf die Lungenfunktion auswirken, vor allem nachts. Und natürlich können Probleme in der Lunge auch andere Organe beeinträchtigen. Dies gilt insbesondere für das Herz – und dennoch ist die PFT ein oft übersehenes Instrument zur Beurteilung von Herzerkrankungen.

Hallo Nachbar!

Wenn meine Patienten wissen möchten, warum sie nicht so gut atmen können, erkläre ich oft, wie schwierig die Abgrenzung zwischen Atemwegserkrankungen und Herzerkrankungen ist. Bei vielen dieser Krankheiten treten nämlich am Anfang die gleichen Symptomen auf: Kurzatmigkeit, Aktivitätsintoleranz, Schwäche, Müdigkeit. Viele haben zudem die gleichen Risikofaktoren, einschliesslich Tabakprodukten oder auch Exposition gegenüber eingeatmeten Schadstoffen/Reizstoffen. Darüber hinaus gibt es erhebliche Interaktionen zwischen beiden Systemen. Eine meiner Lieblingsanalogien ist die Betrachtung der Sauerstoffversorgung als Güterzug, bei dem Hämoglobin-»Waggons» mit Sauerstoff-»Fracht» beladen werden und dann vom Herz als «Lokomotive» zu den verschiedenen Organen gefahren werden. Wenn das Herz nicht richtig pumpt, kann der Sauerstoff nicht dorthin gelangen, wo er benötigt wird, was in der Regel einen gewissen Grad an subjektiv empfundener Dyspnoe verursacht.

Die offensichtliche Einsatzmöglichkeit von PFTs scheint hier also darin zu bestehen, kardiologische Probleme ein- oder auszuschliessen, um die Diagnose weiter einzugrenzen. Aber wie ich meinen Patienten immer wieder sage: Herz und Lungen sind Nachbarn im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man sich mit seinem Nachbarn gut versteht, ist alles gut und die Nachbarschaft lebt in Harmonie. Wenn Ihr Nachbar anfängt, ständig laute Partys zu feiern, ist das zwar nervig, aber es ist wenigstens offensichtlich, woher die Belästigung kommt, und daher relativ einfach, dagegen vorzugehen. Aber was ist, wenn Ihr Nachbar etwas Subtiles tut, z. B. Gestrüpp langsam in Ihr Grundstück wuchern lässt? Zunächst ist das vielleicht keine grosse Sache, aber wenn Sie sich eines Tages entscheiden, Ihr Haus zu renovieren, müssen Sie möglicherweise erstmal herausfinden, wo genau Ihr Grundstück überhaupt liegt.

Das Blut muss in Bewegung bleiben

Deshalb ist es wichtig, die Verwendung von PFTs nicht nur bei Problemen mit der Atmung, sondern auch mit dem Herz-Kreislauf-System in Betracht zu ziehen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnet Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) als weltweit führende Todesursache Nr. 1, die jedes Jahr fast 18 Millionen Menschen auf der ganzen Welt tötet.1 Diese Belastung ist enorm, trotz jahrelanger intensiver Forschung und Bemühungen um die Bekämpfung von HKE-Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Herzinsuffizienz. Ein Grund dafür könnte die anhaltende Vernachlässigung der Wechselbeziehung zwischen Herz und Lungen sein.

Glücklicherweise ist die Forschung zunehmend im Begriff, diese kardiopulmonale Beziehung und deren Nutzen für die Vorbeugung von HKE hervorzuheben. Eine der faszinierendsten Arbeiten der letzten Jahre hat sich mit den Ergebnissen der Jackson Heart Study befasst, einer grossen epidemiologischen Gemeinschaftsarbeit zwischen den National Institutes of Health (NIH), einer Reihe akademischer Institutionen und der Gemeinde von Jackson, Mississippi. Die Studie zielt darauf ab, die gesundheitlichen Benachteiligungen der Schwarzen Bevölkerung und anderer People of Color zu beseitigen, und konzentriert sich auf die Reduzierung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf kommunaler Ebene sowie auf die Verbesserung der medizinischen Versorgung über das gesamte Spektrum hinweg. Unter anderem verfolgt die Arbeitsgruppe dieses Ziel durch einen breiteren Einsatz der Spirometrie.

Die Spirometrie ist selbstverständlich ein wichtiger Lungentest, der häufig verwendet wird, um obstruktive Lungenerkrankungen zu erkennen, die durch einige HKE-Risikofaktoren – wie Tabakkonsum – verursacht werden. Es gibt zudem eine recht gut belegte Beziehung zwischen diesen obstruktiven Erkrankungen und einer erhöhten Belastung des Herzens, die oft zu einer Herzinsuffizienz (HF) in der einen oder anderen Form führt.2 Daher das Ergebnis, dass ein obstruktives Muster bei der Spirometrie mit einem erhöhten Risiko für HF verbunden ist. Was allerdings eine Überraschung darstellte: Auch ein restriktives Muster stellt einen deutlichen Risikofaktor für die Entwicklung einer HF dar, fast so stark wie eine Obstruktion! Die Daten zeigen, dass nach einer medianen Nachsorgezeit von 8 Jahren bei 8 % der Patienten mit einem restriktiven Muster anschliessend eine HF diagnostiziert wurde, verglichen mit 10,6 % der Patienten mit Obstruktion (und nur 3,8 % der Patienten mit normaler Spirometrie). Darüber hinaus war das restriktive Muster mit höheren Endothelin-Spiegeln (einem Biomarker für ein HKE-Risiko) und einem erhöhten systolischen Pulmonalarteriendruck verbunden, was das Risiko für eine pulmonale Hypertonie erhöht3. Und all dies wurde dank einer qualitativ hochwertigen Spirometrie festgestellt, einem Instrument, das jede kardiologische (oder sogar hausärztliche) Praxis nutzen kann.

Der Herzschlag im Lungentest

Weitere Studien haben die Erkenntnisse von Jackson untermauert. Ein weiteres umfangreiches epidemiologisches Projekt, die sogenannte Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC)-Studie, diente dem besseren Verständnis der Risikofaktoren und Folgen der Atherosklerose, einem weiteren primären Risikofaktor für HKE. In dieser Studie wurden Probanden aus vier Städten in den USA (darunter zufälligerweise auch Jackson, MS) über mehrere Jahre hinweg anhand verschiedener Kennzahlen beobachtet. Bei den Erstuntersuchungen der Probanden wurde eine Spirometriemessung als Basiswert durchgeführt, und etwa drei Jahre später wurden weitere Messwerte erhoben. Die Arbeitsgruppe fand heraus, dass das Quartil der Probanden mit dem grössten Absinken des FEV1-Wertes zwischen diesen beiden Messungen eine viermal höhere Wahrscheinlichkeit aufwies, innerhalb eines Jahres nach der Messung eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, und dass die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, um etwa 25 % höher war.4 Nicht viel besser sah es bei denjenigen aus, die einen raschen Abfall ihrer FVC-Werte aufwiesen. Diese Gruppe hatte während der nächsten rund 17 Jahre der Nachbeobachtung mit einem erhöhten Risiko für eine Herzinsuffizienz zu kämpfen. Diese Risiken blieben auch dann konstant, wenn man eine Reihe von demografischen Merkmalen berücksichtigte, einschliesslich Rauchen, was zeigt, dass die Lunge wirklich einen Einblick in die generelle kardiovaskuläre Funktionsfähigkeit geben kann.

Die Überlappung ist wichtig

Bislang haben wir Herzerkrankungen im Wesentlichen isoliert betrachtet. Dabei steht ausser Frage, dass viele der Risikofaktoren, die zu Herzproblemen führen, auch zu Problemen in der Lunge führen, und lang anhaltende Lungenerkrankungen können sich durchaus auch auf die Herzfunktion auswirken. Es besteht also ein hohes Überlappungspotential zwischen beiden. Auch wenn noch immer darüber diskutiert wird, ob gleichzeitig auftretende Erkrankungen wie Asthma und Schlafapnoe als Komorbiditäten oder als «Overlap-Syndrome» betrachtet werden sollten, verlangt ein patientenzentrierter Ansatz, dass alle diese Konditionen gleichzeitig beobachtet und behandelt werden sollten, da es häufig schwierig sein wird, vorherzusagen, welcher Prozess primär zur Mortalität beiträgt. Bei der COPD zum Beispiel sind viele überrascht, dass die Mortalität häufiger auf ein kardiovaskuläres als auf ein pulmonales Problem zurückzuführen ist. 2Daher ist es für Hausärzte und Kardiologen unerlässlich, sich mit der Auswertung von Spirometriedaten vertraut zu machen oder (in Anbetracht der Schwierigkeiten bei der Koordination zwischen mehreren Praxen) die Einführung von Spirometrie- oder Lungenfunktionsprogrammen in ihrer eigenen Praxis in Betracht zu ziehen. Moderne Spirometer sind handlich und relativ wartungsarm, und sie erfordern nur wenig Einarbeitungszeit, bis das klinische Personal im Umgang mit ihnen geübt genug ist, um hochwertige Daten für die klinische Entscheidungsfindung zu liefern. Die Technologie ist sogar so weit fortgeschritten, dass selbst vollständige Lungenfunktionstests, die früher nur in speziellen Labors durchgeführt werden konnten, heute in einem kompakten Gerät zur Verfügung stehen, das problemlos in praktisch jeder Praxis eingesetzt werden kann, die darauf abzielt. alle Aspekte des kardiovaskulären Status eines Patienten zu untersuchen.

Wie geht es weiter?

Um es klar zu sagen: Weder die Spirometrie noch irgendein anderer PFT-Test wird jemals die klassischen kardiologischen Untersuchungen wie Echokardiographie, Auswertung von Biomarkern oder die Expertise eines erfahrenen Arztes ersetzen können. Aber so wie evidenzbasierte Studien unter Alltagsbedingungen ihre strikteren klinischen Pendants ergänzen, können auch pulmonale Untersuchungen noch mehr Einblicke in den Gesamtzustand einer Person bieten. Sie können unter Umständen genügend zusätzliche Informationen liefern, um bessere klinische Prognosen zu treffen, und können zudem offensichtlich die Behandlung von komplexen und sich überschneidenden Krankheitszuständen unterstützen. Wie ich also schon zu Beginn angedeutet habe, ist es vielleicht an der Zeit, die Bezeichnung «Lungenfunktionstest» nochmal zu überdenken. Vielleicht sollten wir mal etwas über den Tellerrand schauen und Mediziner daran zu erinnern, dass – genauso, wie die Augen als Fenster zur Seele gelten – die Lunge das Fenster zum Thorax sein könnte. Es wäre hilfreich, mit Hilfe dieser Verfahren auch Probleme zu untersuchen, die ihren Ursprung ausserhalb der Lunge haben. Es hat sicherlich schon Umbenennungen aus nichtigeren Gründen gegeben!


  1. Maclay, J. D., McAllister, D. A. & Macnee, W. Cardiovascular risk in chronic obstructive pulmonary disease. Respirology 12, 634-641, doi:10.1111/j.1440-1843.2007.01136.x (2007). ↩︎

  2. Macnee, W., Maclay, J. & McAllister, D. Cardiovascular injury and repair in chronic obstructive pulmonary disease. Proc Am Thorac Soc 5, 824-833, doi:10.1513/pats.200807-071TH (2008). ↩︎ ↩︎

  3. Wang, B. et al. Association of lung function with cardiovascular risk: a cohort study. Respir Res 19, 214, doi:10.1186/s12931-018-0920-y (2018). ↩︎

  4. Morgan, A. D., Zakeri, R. & Quint, J. K. Defining the relationship between COPD and CVD: what are the implications for clinical practice? Ther Adv Respir Dis 12, 1753465817750524, doi:10.1177/1753465817750524 (2018). ↩︎


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