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COPD neu definieren

Arzt informiert Patientin über COPD
Eine neue Definition könnte die Betrachtung und Behandlung der COPD im klinischen Alltag und in der Forschung verändern.
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Inhaltsverzeichnis

COPD führt nach wie vor weltweit zu grossem Leid

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist noch immer eine der führenden Todes- und Krankheitsursachen in den USA und auf der ganzen Welt. 2020 wurde bei mehr als 6 % der US-Amerikaner – fast 17 Millionen Menschen – COPD diagnostiziert. Dabei wird davon ausgegangen, dass die Hälfte der auftretenden COPD-Fälle unerkannt bleibt. Und trotz jahrzehntelanger Forschung sind die Morbiditäts- und Mortalitätsraten bei COPD nach wie vor alles andere als akzeptabel. Im Gegensatz zu anderen schweren Krankheiten wie Schlaganfällen und koronaren Herzkrankheiten hat sich bei der COPD die Behandlung nicht signifikant verbessert. Das lässt vermuten, dass die Fortschritte im wissenschaftlichen und medizinischen Wissen hinsichtlich COPD bisher nicht zu den erhofften besseren Behandlungsergebnissen geführt haben.

Um diesen Fehlschlägen Rechnung zu tragen und einen Weg aufzuzeigen, wie unser grösseres Verständnis der COPD in bessere Behandlungsergebnisse für Patienten umgesetzt werden kann, gibt eine kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlichte Publikation von Dr. Celli et al. eine klare Empfehlung: COPD und die dazugehörigen Diagnosekriterien müssen neu definiert werden.

Die aktuelle Definition der COPD gemäss der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) lautet::

Die chronisch-obstruktive Lungenkrankheit (COPD) ist eine häufige, vermeidbare und behandelbare Erkrankung, die durch persistierende respiratorische Symptome und Atemwegsobstruktion gekennzeichnet ist. Diese wiederum sind Folge von Anomalien der Atemwege und oder alveolären Anomalien, die in der Regel durch eine bedeutende Exposition gegenüber gesundheitsschädlichen Partikeln oder Gasen verursacht werden und durch individuelle Faktoren (host factors), wie abnormale Lungenentwicklung, beeinflusst werden. Durch signifikante chronische Begleiterkrankungen können Morbidität und Mortalität weiter zunehmen.

Warum verbessern sich die COPD-Behandlungsergebnisse nicht?

Dr. Celli et al. sehen zwei wesentliche Probleme bei dieser Definition: Sie konzentriert sich auf das Tabakrauchen («Exposition gegenüber schädlichen Partikeln oder Gasen») als einzigen und primären Auslöser der COPD; und sie schreibt die Atemwegsobstruktion als charakteristisch für die COPD vor, obwohl es bereits vor der spirometrischen Atemwegsobstruktion Anzeichen einer Beeinträchtigung gibt. Die Autoren haben die vorliegende wissenschaftliche Literatur analysiert und überzeugend dargelegt, dass Tabakrauchen zwar eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer COPD spielt, aber nicht der einzige Faktor ist. Genetische Faktoren, eine frühe abnorme Lungenentwicklung, Asthma und Infektionen erhöhen ebenfalls nachweislich signifikant die Wahrscheinlichkeit, an COPD zu erkranken. Bemerkenswerterweise unterscheidet sich der Verlauf der COPD je nach Ursache, sodass die Wissenschaftler vorschlagen, die COPD in entsprechende Subtypen zu unterteilen.

In Bezug auf die Diagnosekriterien halten die Wissenschaftler die Notwendigkeit einer Atemwegsobstruktion bei der Diagnostizierung einer COPD für problematisch, da Patienten in diesem Fall zu spät diagnostiziert werden. Die Beeinträchtigung der Lunge lässt sich nicht nur durch eine spirometrische Atemwegsobstruktion messen. Mit Hilfe von Computertomographien (CT) können strukturelle Schäden der Atemwege bereits vor der Atemwegsobstruktion festgestellt werden. Im Rahmen der COPDGene-Studie wurde festgestellt, dass die Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität der Lunge (DLCO) im Vergleich zur Spirometrie eine noch empfindlichere und damit vielversprechende Messmethode der Lungenbeeinträchtigung darstellt.

Eine bessere COPD-Definition gibt Patienten, Wissenschaftlern und Ärzten neue Hoffnung

Die Definition einer Erkrankung und die Festlegung der Diagnosekriterien ist nicht ohne Herausforderungen: Wird die Definition zu eng oder zu weit gefasst, kann es nahezu unmöglich sein, die Krankheit zu diagnostizieren und zu erforschen. Die medizinische Fachwelt muss erkennen, dass die derzeitige Definition die Forschung limitiert und somit dazu führen könnte, dass die gewünschten besseren Behandlungsergebnisse nicht erzielt werden. Glücklicherweise gibt es Beispiele für andere heterogene Krankheiten – zum Beispiel Diabetes – mit Definitionen, die mehrere Ursachen und klinische Ausprägungen berücksichtigen.

Die von Celli et al. vorgeschlagene Definition berücksichtigt die Nachweise verschiedener Ursachen, die einzeln oder in Kombination eine COPD verursachen, sowie Merkmale einer COPD, die von der derzeitigen Definition nicht erfasst werden. Die Wissenschaftler schlagen vor, dass eine COPD wie folgt definiert werden sollte:

COPD ist eine heterogene Lungenerkrankung, die durch chronische respiratorische Symptome (Dyspnoe, Husten, Auswurf) gekennzeichnet ist. Diese wiederum sind Folge persistenter Anomalien der Atemwege (Bronchitis, Bronchiolitis), der Alveolen (Emphysem) und/oder der Lungengefässe, nachgewiesen durch eine spirometrisch gemessene Atemwegsobstruktion und/oder durch objektive Evidenz einer strukturellen oder physiologischen Lungenfunktionsstörung.

Die gegenwärtige Definition hat die Erforschung der COPD im klinischen Alltag und im Labor vor allem in Richtung älterer Raucher gelenkt. Die von Celli et al. vorgeschlagene Definition könnte die Sichtweise und Behandlung der COPD im klinischen Alltag und in der Forschung grundlegend verändern. Sie verbessert die aktuelle Definition basierend auf jahrzehntelanger weltweiter Forschung und bietet einen vielversprechenden neuen Ansatz für die Behandlung und Erforschung der COPD.

Die Autoren sind sich bewusst, dass diese neue Definition das Verständnis der COPD dramatisch beeinflusst und sogar die Frage aufwirft, ob die Bezeichnung «chronisch obstruktive Lungenerkrankung» überhaupt noch verwendet werden sollte. Sie unterstreichen jedoch, dass genau dieser Paradigmenwechsel beabsichtigt ist: Durch die Anerkennung der vielfältigen Ursachen und klinischen Erscheinungsbilder der COPD werden Therapie und Erforschung der Krankheit wesentlich differenzierter – und das sollte sich in besseren Behandlungsergebnissen für die Patienten widerspiegeln. Da die meisten Studien zur COPD bisher entweder mit älteren Menschen oder mit Patienten mit raucherbedingter COPD durchgeführt wurden, könnte die neue Definition Ärzten und Wissenschaftlern alternative Ansatzpunkte bieten, um die verschiedenen Krankheitsmechanismen der COPD noch besser zu verstehen. Ein besseres Verständnis dieser verschiedenen Mechanismen würde es Medikamentenherstellern ermöglichen, gezielt auf einzelne Krankheitsphasen der COPD oder auf verschiedene Aspekte des biologischen Mechanismus einzuwirken. Ein umfassenderes Verständnis der Faktoren, die zu einer COPD führen können, würde den Betroffenen Hoffnung und eine Perspektive bieten, da sich dadurch neue Möglichkeiten für die klinische Forschung ergeben, die zu einem differenzierteren Verständnis ihres Leidens führen.

Patienten mit COPD haben eine bessere Lebensqualität verdient, vor allem in Anbetracht der neuen Forschungsergebnisse. Eine neue COPD-Definition gibt Patienten, Ärzten und Wissenschaftlern neue Hoffnung.


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