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8. Mai 2024· 4 Minuten Lesezeit

Beeinträchtigung der Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität (DLCO) durch HIV

Die Behandlung von Infektionen mit HIV (Humanes Immundefizienz-Virus) hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Während in der Vergangenheit für Menschen mit HIV ein hohes Risiko bestand, an opportunistischen Lungeninfektionen zu erkranken, sind diese Infektionen seit Einführung der antiretroviralen Therapie (ART) deutlich zurückgegangen, und die Lebenserwartung ist gestiegen. Die höhere Lebenserwartung von Menschen mit HIV bringt jedoch neue Herausforderungen mit sich, wie beispielsweise das vermehrte Auftreten chronischer Lungenerkrankungen. Um eine angemessene Vorsorge, Diagnose und Behandlung solch chronischer Lungenerkrankungen zu gewährleisten, müssen Mediziner die konkreten Probleme der Betroffenen verstehen.

Die Lungenfunktion von Menschen mit HIV wurde in der Vergangenheit üblicherweise mittels spirometrischer Messungen, insbesondere des forcierten Exspirationsvolumens in einer Sekunde (FEV1), untersucht. Seit kurzem wird jedoch verstärkt die Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität der Lunge (DLCO) als Indikator für den pulmonalen Gasaustausch und die Überwachung chronischer Lungenkrankheiten herangezogen*– eine Untersuchungsmethode, die heute im klinischen Alltag angekommen ist und routinemässig genutzt wird.

HIV-bedingte DLCO-Reduktion & respiratorische Symptome

Laut einer im Journal of Acquired Immune Deficiency Syndrome veröffentlichten Studie von 2013 ist HIV ein unabhängiger Risikofaktor für eine reduzierte DLCO, vor allem bei Personen mit einem CD4-Wert (weisse Blutkörperchen) von weniger als 200 Zellen pro Mikroliter, und geht mit gravierenden respiratorischen Symptomen einher.*

Eine reduzierte DLCO wird mit einer Zunahme der Atemwegssymptome, einschliesslich Husten, Auswurf und Atemnot, in Verbindung gebracht. Trotz antiretroviraler Therapie (ART) und Virussuppression leiden Menschen mit HIV, die aktive Raucher sind oder die Emphyseme, obstruktive Lungenerkrankungen oder abnormale DLCO-Werte haben, unter zunehmenden Symptomen, die ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können.*

Beeinträchtigte DLCO bei Menschen mit HIV

In der Study of HIV Infection in the Etiology of Lung Disease (SHIELD), einer Längsschnitt-Kohortenstudie, wurden Menschen mit und ohne HIV beobachtet, um den Zusammenhang zwischen HIV und der Anfälligkeit für Lungenerkrankungen zu untersuchen. Ziel der SHIELD-Studie war es, die Wechselwirkung zwischen HIV und dem pulmonalen Gasaustausch (DLCO) unabhängig von einem bestehenden Emphysem zu beschreiben und den Einfluss von HIV auf die Beeinträchtigung der DLCO bei Personen mit und ohne COPD zu untersuchen.*

In der SHIELD-Studie wurden 339 Teilnehmende, die die Qualitätsstandards erfüllten, DLCO-Messungen und CT-Untersuchungen (Computertomographie) unterzogen. Die demografischen Daten der Teilnehmenden mit und ohne HIV-Infektion waren ähnlich, wenngleich die Personen ohne HIV im Schnitt mehr Packungsjahre geraucht hatten und ein höherer Anteil aktive Raucher waren. Insgesamt litten 71 Teilnehmende (64 %) ohne HIV an COPD, während bei den Teilnehmenden mit HIV 60 Personen (26 %) betroffen waren.

Die Ergebnisse der SHIELD-Studie zeigen, dass eine HIV-Infektion mit einer signifikant verminderten DLCO in Prozent und einer höheren Wahrscheinlichkeit für eine reduzierte DLCO einhergeht.

Ferner wurde festgestellt, dass Menschen mit HIV und COPD deutlich schlechtere DLCO-Werte aufwiesen als Personen mit COPD aber ohne HIV. Selbst unter den Teilnehmenden ohne COPD wiesen Menschen mit HIV eine höhere Inzidenz einer mittelschweren bis schweren DLCO-Beeinträchtigung mit niedrigeren DLCO-Werten (in Prozent des Sollwerts) auf als die Teilnehmenden, die nicht mit HIV infiziert waren.

Die SHIELD-Studie konnte somit nachweisen, dass eine HIV-Infektion unabhängig von anderen Erkrankungen mit einer verminderten DLCO einhergeht. Die Forscher verwiesen zudem auf ein mögliches Zusammenspiel von HIV und COPD bei der Beeinträchtigung der DLCO.

Spirometrie allein reicht nicht aus.

Eine Querschnittsstudie aus dem Jahr 2013 untersuchte das Muster und den Schweregrad von Beeinträchtigungen der Lungenfunktion bei 300 mit HIV infizierten und 289 nicht mit HIV infizierten Männern im Zeitraum von 2009 bis 2011. Die Teilnehmer wurden vor und nach Gebrauch eines Bronchodilatators spirometrischen Untersuchungen und DLCO-Messungen unterzogen und mussten einen standardisierten Fragebogen ausfüllen.

Die Studienteilnehmer waren im Durchschnitt 54 Jahre alt und gehörten verschiedenen ethnischen Gruppierungen an. Im Vergleich zu den nicht mit HIV infizierten Männern waren mehr HIV-infizierte Männer aktive Raucher mit mehr Packungsjahren. Darüber hinaus konsumierten HIV-infizierte Männer häufiger Marihuana und intravenöse Drogen. Die HIV-infizierten Männer wiesen ferner eine höhere Inzidenz früherer bakterieller Pneumonien oder Pneumocystis-Pneumonien auf.

Die meisten Studienteilnehmer wiesen bei der Spirometrie einen normalen Atemfluss auf. Nur 18 % der mit HIV infizierten und 16 % der nicht mit HIV infizierten Männer erfüllten die Kriterien für eine Atemwegsobstruktion. 

Die DLCO-Werte waren bei HIV-infizierten Männern signifikant niedriger. Insgesamt hatten 30 % der HIV-infizierten Studienteilnehmer eine DLCO <60 % des Sollwerts im Vergleich zu 18 % bei den nicht mit HIV infizierten Teilnehmern.*

Zu beachten ist, dass ein identischer Anteil von mit HIV infizierten und nicht mit HIV infizierten Männern mit einer DLCO <60 % des Sollwerts bei der spirometrischen Untersuchung keine Atemwegsobstruktion aufwiesen. Unter den Teilnehmern mit Atemwegsobstruktion war der DLCO-Wert bei HIV-infizierten Männern jedoch deutlich niedriger.

Zudem bestand ein Zusammenhang zwischen dem DLCO-Wert und einem niedrigen CD4-Wert (weisse Blutkörperchen): Der DLCO-Wert war niedriger, wenn die ´Zahl der weissen Blutkörperchen <200 oder zwischen 200 und 349 lag.*

Bei 30 % der HIV-Infizierten betrug die DLCO weniger als 60 % des Sollwerts, was auf eine mittelschwere bis schwere Beeinträchtigung der Lungenfunktion hinweist. In dieser Studienkohorte wäre bei einer spirometrischen Untersuchung ohne Messung der DLCO das erhebliche Defizit im Gasaustausch unter den mit HIV infizierten und nicht mit HIV infizierten Teilnehmern unentdeckt geblieben, da 61 % der Teilnehmer mit mässig bis stark reduzierter DLCO keine Atemwegsobstruktion aufwiesen.

Entlastung der Patienten

Wenngleich die Spirometrie die am häufigsten durchgeführte Lungenfunktionsprüfung (PFT) bei Menschen mit HIV ist, hat die Forschung nun herausgefunden, dass eine verminderte DLCO die häufigste Abnormität unter HIV-infizierten Menschen ist.

Indem Mediziner die Ätiologie der beeinträchtigten DLCO verstehen, können sie bessere Screening-Strategien zur Erkennung schwerer Lungenerkrankungen umsetzen.*

Mehr Wissen hilft wiederum auch dabei, effektive Behandlungspläne zu entwickeln, um die Lebensqualität von Menschen mit HIV zu verbessern und die zunehmende Belastung durch chronische Lungenerkrankungen zu verringern.

Allison DeMajistre, BSN, RN, CCRN
Allison DeMajistre, BSN, RN, CCRN

Allison DeMajistre ist freiberufliche Medizinjournalistin mit zehnjähriger Erfahrung als Krankenschwester für Intensivpflege. Sie schreibt über diverse Gesundheitsthemen, wie Kardiologie und Pulmonologie. Allison DeMajistre ist bestrebt, komplexe medizinische Informationen für Patientinnen und Patienten vereinfacht und verständlich zu präsentieren sowie aufschluss- und lehrreiche Artikel für medizinische Fachkräfte zu schreiben.

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