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29. Mai 2024· 4 Minuten Lesezeit

Der Einsatz von Lungenfunktionstests bei Mukoviszidose: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Mehr als 40.000 Personen in den USA und mehr als 100.000 Personen weltweit leiden unter Mukoviszidose, auch zystische Fibrose genannt, womit sie zu den häufigsten genetischen Erkrankungen zählt. Die Erkrankung ist recht bekannt, vor allem wenn man bedenkt, dass von ihr weit weniger Menschen betroffen sind als von den meisten anderen bekannten chronischen Erkrankungen. Dies ist unter anderem auf Kampagnen wie den Aktionsmonat für Menschen mit Mukoviszidose im Mai zurückzuführen.

Mukoviszidose ist eine autosomal rezessive Erkrankung. Das heisst, dass beide Elternteile den Gendefekt an ihr Kind weitergeben müssen. Das defekte Gen wird auch CF-Gen (für engl. Cystic Fibrosis) genannt. Es trägt den genetischen Code für das CFTR-Protein (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator), ein Epithelprotein, das in der Lunge, der Leber, der Bauchspeicheldrüse, dem Verdauungstrakt und dem Reproduktionssystem vorkommt.* Bei ordnungsgemässer Funktion übernimmt das CFTR-Protein eine zentrale Rolle in der Schleimbildung. Ist das CFTR-Protein jedoch defekt, verdickt sich der Schleim übermässig. Dieser dicke, zähflüssige Schleim hat gravierende Auswirkungen: Entzündungen und Infektionen führen zu ernsthaften Problemen und zu einer langfristigen Verschlechterung der Lungenfunktion. Lungenfunktionstests (PFT) sind für Diagnose, Überwachung und Behandlung von Mukoviszidose unerlässlich.

In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf den Einsatz von Lungenfunktionstests bei Mukoviszidose in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft.

Die Vergangenheit

Erst 1938* wurde Mukoviszidose von der Zöliakie abgegrenzt. Über lange Zeit verlief die Erkrankung meist tödlich, weshalb die meisten – eigentlich alle – Erkenntnisse erst in den letzten Jahrzehnten gewonnen wurden. Als in den 1950er Jahren mehr Spezialkliniken entstanden, haben wir jedoch in recht kurzer Zeit viel über Mukoviszidose gelernt. Bereits in den 1970er Jahren war Medizinern die Bedeutung von Lungenfunktionstests bewusst, um daran den klinischen Schweregrad und das allgemeine Wohlbefinden von Kindern mit CF zu ermitteln.*

Seit diesen ersten Meilensteinen zählt die Spirometrie zu den am häufigsten verwendeten Lungenfunktionstests für Patienten mit Mukoviszidose.* Spirometrietests umfassen eine Vielzahl von Messwerten, doch der wichtigste Marker für die Diagnose einer Mukoviszidose ist FEV1, das forcierte Exspirationsvolumen in einer Sekunde. Dieser Messwert hat bei einer Mukoviszidose besondere Aussagekraft, da die Verschlechterung der Lungenfunktion in der Regel sehr schnell und hauptsächlich in den grossen Atemwegen auftritt, die vom FEV1-Wert hauptsächlich abgebildet werden.* Der FEV1-Wert hat sich als so aussagekräftig erwiesen, dass bereits routinemässig durchgeführte Spirometrien mit höheren Diagnose- und Behandlungsraten von CF-Exazerbationen assoziiert werden.*

Die Gegenwart

Die Spirometrie hat sich so effektiv erwiesen, dass die gegenwärtige Situation ohne sie nicht möglich wäre: Der FEV1-Wert war ein primärer Endpunkt für bedeutende Meilensteine in klinischen Studien zu Mukoviszidose, die zur Zulassung von Blockbustern wie Trikafta von Vertex geführt haben. Dieser Blockbuster, der für rund 90 % der Bevölkerung zugelassen ist, war für viele Menschen mit Mukoviszidose ein grosser Durchbruch.*

Auch heute noch ist die Spirometrie ein wichtiger Bestandteil der klinischen Kontrolle, Behandlung und Evaluierung von Therapien bei Mukoviszidose. Angesichts der Fortschritte in der Medizin und dem zunehmenden Wissen über die biologischen Hintergründe von Erkrankungen kommt es mitunter jedoch zu unerwarteten Entwicklungen. Im Fall von Mukoviszidose besteht nun seit kurzem eine Kluft zwischen Betroffenen, die traditionell behandelt werden, und denjenigen, die von einer neuartigen Therapie – zu der auch Trikafta gehört – profitieren, der so genannten hochwirksamen Modulatortherapie (HEMT). Obwohl verschiedene HEMT-Arzneimittel verfügbar sind, ist diese neuartige Klasse von Therapeutika für viele Menschen mit Mukoviszidose unzugänglich – rund 10 %. Für diese Patientengruppe ist FEV1 nach wie vor der gängigste Marker bei der Diagnose einer Lungenerkrankung und entscheidend bei der Einführung neuer Arzneimittel für Menschen, die nicht mit HEMT behandelt werden.

Auch wenn die HEMT-Arzneimittel vielen Menschen sehr geholfen haben, leiden Menschen mit Mukoviszidose weiterhin an einer Lungenerkrankung. Die Therapien bieten keine Heilung. Solange die langfristige Lungengesundheit ein Problem bleibt, brauchen die Betroffenen zuverlässige und möglichst sensitive Marker für Lungenerkrankungen. Dies gilt nicht nur für Menschen, die mit HEMT behandelt werden, sondern auch für Kinder, bei denen eine Lungenerkrankung oft lange vor dem Auftreten von klinischen Anzeichen oder Symptomen besteht und bei denen eine Spirometrie meist schwierig durchzuführen ist.*

Die Zukunft

Walicka-Serzysko et al. gingen der Frage nach, wie die Zukunft der Lungenfunktionstests bei Mukoviszidose aussehen könnte. Sie untersuchten die moderne klinische Spirometrie im Vergleich zu vielversprechenden Lungenfunktionstests mit Mehratemzug-Gasauswaschtest (MBW) und Impulsoszillometrie (IOS) in einer Studie unter polnischen Kindern. Dabei stellten sie fest, dass MBW und IOS den herkömmlichen Lungenfunktionstests, einschliesslich Spirometrie, weit überlegen sind.* Ferner zeigte sich, dass Kinder mit „normalen“ FEV1-Werten durchweg schlechtere LCI-Werte aufwiesen, was ein Hinweis darauf ist, dass LCI ein sensitiverer Marker für Lungenerkrankungen ist. Ein weiterer Vorteil von MBW ist die passive Messung, die eine geringere Belastung für den Patienten bedeutet und gleichzeitig eine sensitivere Messung ermöglicht.

Fazit

Die Spirometrie seit langem ein wichtiges Instrument für die Behandlung von Mukoviszidose in der klinischen Praxis und für die Evaluierung von Therapien. Sie ist und bleibt unerlässlich für die Gesamtheit der Menschen mit Mukoviszidose, auch wenn sich ihr Einsatz mit dem Aufkommen neuer, wirksamer Therapien verändert. Andere PFT-Verfahren –  insbesondere der Mehratemzug-Gasauswaschtest (MBW) und die besonders sensitive Messung der Lungenbelüftung (Lung Clearance Index, LCI) – sind vermutlich jedoch die Zukunft bei der Diagnose und Überwachung von Lungenerkrankungen in Verbindung mit Mukoviszidose.

Tré LaRosa
Tré LaRosa

Tré LaRosa ist Berater, Wissenschaftler und Autor im Raum Washington, DC, mit umfassender Erfahrung in der Forschung (Grundlagenforschung, translationale und klinische Forschung) und im Bereich der Patient Reported Outcomes (Therapieerfolge). Seine zahlreichen Veröffentlichungen befassen sich mit den Neurowissenschaften, der Pulmologie und den Atemwegserkrankungen, einschliesslich der Patientenperspektive. Er bildet sich ständig weiter, liest und schreibt viel, verbringt gerne Zeit in der Natur und erzählt allen von seinem kleinen Golden Retriever Duncan. 

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