Herausforderung COPD: Der aktuellen globalen Notlage bei der öffentlichen Gesundheit begegnen
Eine Erkrankung, von der ca. 300 Millionen Menschen weltweit betroffen sind, die die dritthäufigste Todesursache (COVID-19 nicht mitgerechnet) darstellt und für schätzungsweise 425 Todesfälle pro Stunde verantwortlich ist, ist zugleich eine der am sträflichsten vernachlässigten.
Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD) sind eine äusserst häufige und heterogene Form von Lungenerkrankung und können sich als Bronchitis und/oder Emphysem manifestieren. Sie entstehen im Laufe des Lebens aus einem komplexen Zusammenspiel von Genen und Umwelt. Zugleich sind sie für eine der drängendsten weltweiten Gesundheitskrisen verantwortlich, die schwerwiegende Auswirkungen auf die Morbidität und Mortalität von Menschen, nationale Gesundheitssysteme und auch auf die Weltwirtschaft hat.
In diesem Blog behandeln wir anlässlich des COPD Awareness-Monats November die dringende Notwendigkeit, COPD effektiv zu begegnen. Das Ausmass des Problems ist so gross, dass man davon vielleicht abgeschreckt wird oder man sich unsicher ist, wo man anfangen soll, doch zum Glück wurden in diesem Bereich unter anderem durch Bemühungen von Interessengruppen, wie z. B. die internationale Kampagne Speak Up for COPD, umfassende Handlungsvorschläge als Antwort auf dieses globale Problem ausgearbeitet.
Das Problem verstehen #
Krisen für die öffentliche Gesundheit haben mannigfaltige Auswirkungen auf die Welt. Um zu verstehen, wie man den Herausforderungen, die COPD mit sich bringt, begegnen kann, ist es wichtig zu wissen, dass die Ausprägungsformen von COPD sich entlang eines Kontinuums bewegen. Dieses reicht von:
- Menschen ohne Symptome oder bekannte Risikofaktoren über
- Menschen mit Risikofaktoren, bei denen jedoch noch keine Symptome aufgetreten sind, über
- Menschen mit – möglicherweise undiagnostizierter – COPD im Frühstadium bis hin zu
- Menschen mit bestätigter COPD-Diagnose und COPD-Manifestationen unterschiedlichen Grades
Betrachten wir nun einmal an einigen Punkten, weshalb COPD weitreichende Probleme verursacht.
- COPD wird immer häufiger. Schätzungen einer Studie zufolge werden 2050 voraussichtlich fast 600 Millionen Menschen mit COPD leben.1
- Geschätzt sind 10 % aller Menschen von COPD betroffen.1
- Von den Menschen mit COPD sind 40 % gezwungen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren oder gänzlich aufzuhören zu arbeiten.2
COPD stellt eine erhebliche Belastung für die Gesundheitsversorgung dar:
- COPD ist eine der Hauptursachen für Krankenhausaufhalte.
- Im Rahmen einer Arbeit zur systematischen Literaturrecherche, die untersuchte, welche Auswirkungen COPD auf Gesundheitssysteme hat, fand man heraus, dass COPD die Ressourcen umso mehr durch häufigere Haus- und Allgemeinarztbesuche sowie längere Krankenhausaufenthalte beansprucht, desto weiter der Schweregrad zunimmt, was unterstreicht, wie wichtig es ist, Exazerbationen zu begegnen.3
- Des Weiteren befand dieselbe Überblicksarbeit nicht nur, dass eine Verschlimmerung von COPD massgeblich zur Beanspruchung von Ressourcen in der Gesundheitsversorgung beiträgt, sondern auch, dass eine schwerwiegende COPD mit mehr Komorbiditäten einhergeht und die Zahl der nicht unmittelbar durch COPD bedingten Krankenhausaufenthalte nach oben treibt, wodurch weitere Kosten anfallen und zusätzliche Ressourcen beansprucht werden.3
COPD hat unzählige makroökonomische Auswirkungen:
- Eine kürzlich veröffentlichte Studie in der Fachzeitschrift Chest® schätzt, dass die COPD zuzuschreibenden Kosten sich in den Vereinigten Staaten 2029 auf $60,5 Milliarden belaufen werden und damit auf das annähernd Doppelte der geschätzten Kosten im Jahr 2019.4
- Man geht davon aus, dass COPD die Weltwirtschaft zwischen 2020 und 2050 $4,3 Billionen kosten wird, wenn nicht in effektive Gegenmassnahmen investiert wird.5
Weshalb Prävention so wichtig ist #
COPD ist eine komplexe, heterogene Erkrankung, die durch verschiedene Faktoren hervorgerufen werden kann. Daher spielt die Prävention eine entscheidende Rolle im Kampf gegen die Erkrankung.
Zigarettenrauchen ist der COPD-Risikofaktor, der allgemein am bekanntesten ist. Doch daneben gibt es noch weitere Faktoren, die COPD verursachen können, darunter Exposition gegenüber biogenen Materialien, berufsbedingte Exposition, Luftverschmutzung und auch die Genetik.6 Daher ist es besonders wichtig, dass den Menschen die Risikofaktoren für COPD bekannt sind und sie wissen, was sie in Bezug auf diese unternehmen können, um die Inzidenz von COPD zu reduzieren. Auf höherer Ebene können Regierungen und Gesundheitssysteme mehr in Kampagnen für die öffentliche Gesundheit sowie in Bemühungen zur Immunisierung und Raucherentwöhnung investieren.7
Herausforderungen bei Frühdiagnose und Behandlung #
Prävention ist der erste Schritt entlang eines Kontinuums, der notwendig ist, um der COPD-Krise durch Gegenmassnahmen zu begegnen. Der nächste Schritt entlang dieses Kontinuums steht an, sobald die ersten Symptome auftreten. Die frühen Symptome von COPD können Kurzatmigkeit, Husten, Keuchen und Müdigkeit umfassen. Dieser Zeitraum ist besonders entscheidend, da das Ausmass der Auswirkungen, die ein COPD-Fall auf die Ressourcen der Gesundheitsversorgung und die Wirtschaft hat, mit dem Schweregrad der Erkrankung steigt. Frühzeitige COPD-Diagnosen sind selten, weswegen es häufiger zu Exazerbationen kommt.6 Woran liegt das und was kann man diesbezüglich tun?
Erstens sind spirometrische Verfahren erforderlich, um die Diagnose von COPD zu bestätigen, und diese stehen trotz technologischer Fortschritte in jüngerer Zeit schlicht nicht überall auf der Welt zur Verfügung. Zweitens suchen die meisten Menschen mit COPD im Frühstadium nicht als erstes einen Lungenarzt auf.8 Deswegen ist es wichtig, dass Hausärzte sowie Gesundheits- und Pflegefachkräfte mit den Symptomen von COPD vertraut sind und damit, wie sich diese von denen anderer häufiger Atemwegsbeschwerden unterscheiden.8 Auch befinden sich Hausärzte in einer günstigen Position, um bei COPD tätig zu werden und Betroffene an die richtige Stelle zu verweisen, wenn ihnen zuverlässige und tragbare Spirometriegeräte8, wie beispielsweise die Spirometrie- und PFT-Geräte der Produktlinie EasyOne von ndd Medical Technologies, zur Verfügung stehen. Die zuständigen Entscheidungsträger in der Gesundheitsversorgung können hier wirkungsvoll eingreifen, indem sie in die Aus- und Weiterbildung von medizinischen Fachkräften investieren, Spirometriegeräte anschaffen und bei der (Haupt-)Risikogruppe für COPD Aufklärungsarbeit zu den Anzeichen und Symptomen der Erkrankungen leisten.
Man sollte sich ausserdem darüber bewusst sein, dass Exazerbationen einer der Hauptfaktoren für einen die Gesundheit stärker beeinträchtigenden Verlauf bei COPD sind. In der Tat ist die Prävention von Exazerbationen eines der vorrangigen Ziele bei der Behandlung von COPD.6
COPD frühzeitig zu begegnen, verbessert die Verlaufsprognose und mildert die finanziellen Folgen ab, die dadurch entstehen, wie bisher mit COPD umgegangen wird.
Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Erfolg #
Die Ausprägungsformen von COPD bewegen sich entlang eines Kontinuums. Dies bedeutet auch, dass es in jedem Stadium Gelegenheiten gibt, signifikante Effekte zu erzielen.
Dazu bedarf es der Zusammenarbeit und einer disziplinübergreifenden Herangehensweise:
- Regierungen und Gesetzgeber müssen sich die Auswirkungen der gegenwärtigen Herangehensweise an COPD bewusst machen und erkennen, dass das aktuelle Vorgehen gravierende Folgen für Menschen und Wirtschaft nach sich zieht. COPD den gebührenden Stellenwert beizumessen, ist eine Frage der öffentlichen Gesundheit und dringend notwendig. Auf Gesetzgeberseite kann verstärkt in Präventionsmassnahmen in Form von Programmen zur Raucherentwöhnung und Kampagnen für die öffentliche Gesundheit investiert werden sowie in die Behandlung von COPD.
- Die zuständigen Entscheidungsträger in der Gesundheitsversorgung können sich die Belastung vor Augen führen, die COPD für Krankenhäuser bedeutet, und in Geräte für Lungenfunktionsprüfungen investieren, mit denen die Früherkennungsquote verbessert und daran gearbeitet werden kann, das Auftreten von Exazerbationen zu minimieren, wodurch die Anzahl der notwendigen Krankenhausaufenthalte reduziert würde.9 COPD frühzeitig zu begegnen, verbessert die Verlaufsprognose und mildert die finanziellen Folgen ab, die dadurch entstehen, wie bisher mit COPD umgegangen wird.
- Ärzte und medizinisches Personal können sich bei der Leitung ihrer Institution dafür einsetzen, dass COPD höher priorisiert wird und sich gleichzeitig zu den Risikofaktoren für und frühen Anzeichen von COPD sowie zu Exazerbationen fortbilden. Medizinische Versorgungsteams können ausserdem ihre Fähigkeit ausbauen, wenn es darum geht, Patienten über die beste Art der Prävention von COPD und den Umgang mit Exazerbationen aufzuklären.
- Jede und jeder Einzelne kann sich zusätzliches Wissen dazu aneignen, wie COPD vorgebeugt und frühe Anzeichen und Symptome erkannt werden können. Diejenigen, bei denen COPD bereits diagnostiziert wurde, können lernen, besser zu verstehen, wie man die Wahrscheinlichkeit dafür, dass Exazerbationen auftreten, reduziert und was zu tun, wenn ein Anfall abzusehen ist.
Jetzt ist die Zeit, COPD zur Priorität zu machen! #
Obwohl weit verbreitet und in erheblichem Umfang für Krankheit und wirtschaftliche Belastungen verantwortlich, werden für COPD in Gesundheitssystemen verhältnismässig weniger Ressourcen aufgewendet als für andere Erkrankungen mit ähnlich hoher Prävalenz.10 Entscheidungsträgern in Politik und Gesundheitsversorgung sowie Fachkräften kommt die dringende Verantwortung zu, COPD auf nationaler Ebene durch Investitionen in Prävention, Frühdiagnose und bessere Behandlungsmöglichkeiten zu begegnen.
Jetzt ist die Zeit, COPD zur Priorität zu machen!
Boers, E.; Barrett, M.; Su, J. G.; Benjafield, A. V.; Sinha, S.; Kaye, L.; Zar, H. J.; Vuong, V.; Tellez, D.; Gondalia, R.; Rice, M. B.; Nunez, C. M.; Wedzicha, J. A.; Malhotra, A. Global Burden of Chronic Obstructive Pulmonary Disease Through 2050. JAMA Netw. Open 2023, 6 (12), e2346598. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2023.46598. ↩︎ ↩︎
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Chen, S.; Kuhn, M.; Prettner, K.; Yu, F.; Yang, T.; Bärnighausen, T.; Bloom, D. E.; Wang, C. The Global Economic Burden of Chronic Obstructive Pulmonary Disease for 204 Countries and Territories in 2020–50: A Health-Augmented Macroeconomic Modelling Study. Lancet Glob. Health 2023, 11 (8), e1183–e1193. https://doi.org/10.1016/S2214-109X(23)00217-6. ↩︎
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Geschrieben von
Tré LaRosa
Tré LaRosa ist Berater, Wissenschaftler und Autor im Raum Washington, DC, mit umfassender Erfahrung in der Forschung (Grundlagenforschung, translationale und klinische Forschung) und im Bereich der Patient Reported Outcomes (Therapieerfolge). Seine zahlreichen Veröffentlichungen befassen sich mit den Neurowissenschaften, der Pulmologie und den Atemwegserkrankungen, einschliesslich der Patientenperspektive. Er bildet sich ständig weiter, liest und schreibt viel, verbringt gerne Zeit in der Natur und erzählt allen von seinem kleinen Golden Retriever Duncan.