Interview mit dem Expeditionsteam Pyramids and Physiology 2024: Untersuchungen zu Schlafapnoe und Lungenfunktion

In dieser Ausgabe unserer Reihe Beyond the Boundaries zur TrueFlow Technologie stellen wir das Projekt Pyramids and Physiology 2024 (Nepal) vor, in dessen Rahmen Dr. Pierpaolo Prosperi und Luca Roberti mit dem EasyOne Pro von ndd die Lungenfunktion in grosser Höhe untersuchen.
Die Studie umfasst Spirometrie, DLCO, Messung des ausgeatmeten Kohlenmonoxids sowie Blutgasanalysen. Bei Patient:innen mit Schlafapnoe wird zudem eine nächtliche kardiopulmonale Überwachung durchgeführt, um die Wirksamkeit von CPAP, MAD und Acetazolamid zu beurteilen.
In diesem Interview erfahren Sie mehr über die Herausforderungen bei der Diagnostik von Atemwegserkrankungen unter extremen Umweltbedingungen.
Haftungsausschluss: Das EasyOne Pro wurde in dieser klinischen Studie unter Hochgebirgsbedingungen eingesetzt, die über den zugelassenen Einsatzbereich hinausgehen. Für die Zwecke der Studie wurde die Software speziell für diese Bedingungen angepasst. Diese Konfiguration dient ausschliesslich Forschungszwecken und entspricht nicht der standardmässigen zugelassenen Gerätekonfiguration.
Jaimee: Bitte erzählen Sie uns zum Einstieg doch ein paar allgemeine Informationen zu der Studie. #
Luca:
Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung! Zur Teilnahme an der Pyramids and Physiology 2024-Expedition bewegt hat uns eine vorangegangene Nepal-Mission vor zwei Jahren unter der Leitung von Pierpaolo Prosperi und Professor Vittore Verratti. Da ich selbst begeisterter Bergsteiger bin, wollte ich mich dieser neuen Herausforderung unbedingt stellen – auch wenn ich dafür einige Risiken in Kauf nehmen musste.
Ich schloss mich gemeinsam mit Vittorio Florio, einem freiwilligen Teilnehmer und ebenfalls Schlafapnoe-Patient, der Expedition an. Organisiert und geleitet wurde die Reise von Professor Verratti, der übrigens auch leitender Wissenschaftler und Professor an der Universität Chieti ist.
Wie man auf den Fotos gut erkennen kann, war unser Team bunt gemischt: Insgesamt waren wir 21 Personen – darunter Physiologen, Atemwegsspezialisten, Physiologen mit Schwerpunkt Licht und Chronobiologie, Techniker wie Pierpaolo, Physiatristen, Psychiater, Sportmediziner, Ernährungsexperten und ein erheblicher Anteil Medizinstudierende. Wir wurden von drei Sherpa-Guides und elf Trägern begleitet, die uns halfen, unser Gepäck, unsere Ausrüstung und das wissenschaftliche Material transportierten
Auf dem Weg von unserem Startpunkt in Kathmandu auf 1350 Höhenmetern zum Pyramid-Labor auf 5050 Höhenmetern legten wir rund 150 Kilometer zu Fuss zurück. Wir stiegen auch zum Everest Base Camp (5300 m) auf, sowie zum Kala Patthar (5650 m) – auch bekannt als Black Rock. Im Rahmen dieser Expedition wollten wir eine Reihe wissenschaftlicher Tests durchführen und uns dabei insbesondere auf die Höhenkrankheit konzentrieren.
Der Fokus der kleineren Arbeitsgruppe, zu der Vittorio und ich gehörten, lag dabei konkret auf Atemphysiologie und Schlafstudien. Dafür nutzten wir das Pulsoxymeter EasyOne Pro LAB sowie unser eigenes Equipment zur Diagnose von Schlafapnoe.
Jaimee: #
Als Atemtherapeut fasziniert mich der Einsatz von Lungenfunktionstests unter so besonderen Bedingungen immer wieder. Inwiefern ist nun die Untersuchung von Schlafapnoe in grosser Höhe bedeutend? #
Pierpaolo:
Eine grossartige Frage! Diese Arbeit knüpft an gemeinsamen Forschungsarbeiten mit der Universität Chieti aus dem Jahr 2022 an. Damals forschten wir ebenfalls unter der Leitung von Professor Vittore Verratti im höchstgelegenen Labor der Welt auf rund 5000 Metern Höhe unweit der nepalesischen Seite des Everest Base Camps.Diese Studie ergab, dass ein Aufenthalt in grosser Höhe tatsächlich auch bei ansonsten gesunden Personen Schlafapnoe auslösen kann. Für die Expedition im Jahr 2024 haben wir den Forschungsrahmen deutlich erweitert. Mit 21 Teilnehmenden konnten wir ein breites Untersuchungsspektrum abdecken: arterielle Blutgase, Spirometrie, Diffusionskapazität (DLCO), Sauerstoffsättigung bei Tag und Nacht sowie eine nächtliche kardiopulmonale Überwachung zur Erkennung von Schlafapnoe.
Jaimee: #
Wie wurde das EasyOne Pro LAB in die Studie integriert? #
Luca:
Für die Durchführung von Spirometrie und DLCO. Diese Verfahren spielen in grosser Höhe, wo die Atemleistung deutlich eingeschränkt sein kann, eine zentrale Rolle. Durch die kompakte Bauweise und das benutzerfreundliche Design war das Gerät für die herausfordernden Bedingungen vor Ort ideal. Wir konnten es problemlos transportieren und während der gesamten Route in unterschiedlicher Höhe verlässlich Daten erheben.
Jaimee: #
Sie sagen, dass sich das EasyOne Pro gut transportieren liess. Gab es noch weitere Gründe für die Wahl dieses Geräts für die Expedition? #
Luca:
Ja, die Entscheidung dazu fiel wenige Monate vor der Abreise. Für unsere Anforderungen waren die Faktoren Leistung, Mobilität und Robustheit bei der Auswahl des DLCO- und Spirometriegeräts besonders wichtig. Wir hatten zwei Geräte in der engeren Auswahl, und entschieden uns unter anderem wegen des hervorragenden Supports von ndd für das EasyOne Pro.
Jaimee: #
Wie bewerten Sie die Leistung des EasyOne Pro während der Expedition? #
Pierpaolo:
Daten zu erfassen, war dank des sehr durchdachten Designs relativ unkompliziert. Der Transport einer Gasflasche für die DLCO-Messung stellte uns jedoch vor Herausforderungen. Zudem mussten wir in grosser Höhe insbesondere die Temperatur stabil halten, damit das Gerät einwandfrei funktionierte.Die extreme Kälte bereitete zwar kleinere Probleme, aber ich muss an dieser Stelle ein ganz grosses Dankeschön an das Support-Team von ndd aussprechen, denn das hat uns während der gesamten Zeit aus der Ferne hervorragend unterstützt. Diese Unterstützung war herausragend.
Jaimee: #
Gibt es schon einige Erkenntnisse, die Sie mit uns teilen können? #
Pierpaolo:
Ja, wir haben beobachtet, dass die Sauerstoffsättigung deutlich abnahm und zunehmend zentrale Apnoen auftraten, je höher wir kamen. Interessanterweise zeigten die Spirometrie- und DLCO-Werte keine drastischen Veränderungen – ein Beleg für die bemerkenswerte Anpassungsfähigkeit des menschlichen Körpers in grosser Höhe.Durch Mechanismen wie Hyperventilation, eine erhöhte Hämoglobinkonzentration und den Haldane-Effekt kann auch unter Sauerstoffmangel das Gleichgewicht gehalten werden. Der Haldane-Effekt beschreibt, wie der Sauerstoffgehalt im Blut die Bindungsbereitschaft von Hämoglobin für Kohlenstoffdioxid (CO2) beeinflusst. Konkret erhöht sich durch die Bindung von Sauerstoff an Hämoglobin die Abgabe von CO2 aus dem Blut, besonders in der Lunge.
Der menschliche Körper ist wirklich beeindruckend.
Jaimee: #
Welchen Einfluss könnten diese Erkenntnisse darauf haben, wie wir Schlafapnoe in grosser Höhe behandeln? #
Luca:
Viele von Menschen aus der ganzen Welt besuchte Ziele liegen oberhalb von 2400 Höhenmetern – nicht nur in Nepal, sondern zum Beispiel auch in Pakistan, China, Europa oder Südamerika. Oft ist den Menschen vielleicht gar nicht bewusst, wie die Reaktion ihres Körpers auf grosse Höhen davon abhängen kann, ob gewisse gesundheitliche Faktoren bereits vorher vorliegen.Unsere Studie zeigt, dass auch Personen, die in niedrigerer Höhe keine Probleme haben, in grösserer Höhe eine zentrale Schlafapnoe entwickeln können. Bei einem Teilnehmer stieg die Anzahl der Apnoen pro Stunde von 25 (überwiegend obstruktiv) auf 104 (vorwiegend zentral).
Die Datenanalyse ist zwar noch nicht komplett abgeschlossen, wir sind aber zuversichtlich, auf Grundlage dieser Erkenntnisse Empfehlungen für Präventionsstrategien oder temporäre Behandlungsoptionen für Menschen zu entwickeln, die längere Aufenthalte in grosser Höhe planen.
Jaimee: #
Möchten Sie abschliessend noch einige Gedanken teilen? #
Pierpaolo:
Auf jeden Fall. Jährlich nehmen rund 40.000 Menschen den Weg zum Everest Base Camp auf sich – oft, ohne sich über die damit verbundenen Risiken im Klaren zu sein. Die Erforschung atmungsbezogener Veränderungen in grosser Höhe kann unser Wissen erweitern und helfen, die Häufigkeit von Fällen akuter Höhenkrankheit reduzieren.Dank der Leitung von Professor Vittore Verratti und dem Engagement des gesamten Teams war das eine unvergessliche und wissenschaftlich wertvolle Erfahrung.
Fazit:
Die Expedition Pyramids and Physiology 2024 zeigt nicht nur die extremen körperlichen Herausforderungen der Höhenforschung, sondern auch das enorme Potenzial portabler Diagnosetools wie des EasyOne Pro. Durch derartig innovative Studien gelangen Forschende zu neuen Erkenntnissen über die Reaktion unseres Körpers auf Umgebungsfaktoren – und darüber, wie wir jene besser schützen können, die die höchsten Gipfel der Welt erklimmen.