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28. April 2023· 5 Minuten Lesezeit

Mithilfe von Biomarkern könnte die Präzisionsmedizin bei der Behandlung von COPD eines Tages Realität werden 

caring for a copd patient
COPD-Biomarker könnten dazu beitragen, wertvolle Erkenntnisse über die COPD-Ergebnisse und die Behandlung der Krankheit zu gewinnen.

COPD-Biomarker 

«Das Interesse am Einsatz von Biomarkern bei [chronisch obstruktiver Lungenerkrankung] nimmt stark zu… In der Regel erweisen sich solche Daten jedoch als schwer interpretierbar, was vor allem an schwachen Assoziationen zwischen grossen Patientenkohorten und fehlender Reproduzierbarkeit liegt», erklärt die Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) in ihrem Bericht Global Strategy for the Diagnosis, Management, and Prevention of COPD 2023.

Was sind Biomarker? Warum sind sie wichtig für die Behandlung und das Management von Krankheiten wie COPD? Warum steigt das Interesse trotz der Probleme? Warum ist es schwierig, die Daten auszuwerten?

Die GOLD-Initiative hat tatsächlich vor Kurzem ihre Definition der COPD aktualisiert, um der Heterogenität der Krankheit gerecht zu werden. So sollen die verschiedenen Arten der Entstehung der COPD, die verbundenen biologischen Mechanismen und die daraus folgenden unterschiedlichen Phänotypen besser beschrieben werden. Man hofft, dass Biomarker dieses Ziel unterstützen, indem sie die Identifizierung von Patienten erleichtern, die auf Medikamente ansprechen, deren Zustand sich mit höherer Wahrscheinlichkeit schneller verschlechtert oder bei denen es häufig zu Exazerbationen kommt, um nur einige Beispiele zu nennen.

Bei Biomarkern handelt es sich um ein recht einfaches Konzept: objektive Merkmale, anhand derer sich biologische Prozesse messen lassen, wie z. B. Blutdruck und Puls. Die Marker können komplex sein, wie z. B. das Blutbild, oder einfach und komfortabel von zu Hause messbar. Jedoch sind nicht alle Biomarker im Zusammenhang mit einer bestimmten Erkrankung von Bedeutung und es ist auch nicht immer klar, welche klinische Relevanz die Biomarker haben. Darin liegt die erste wichtige Herausforderung.

Endpunkte: Kontrollelemente in klinischen Prüfungen 

Bevor wir die Komplexität der COPD-Biomarker beleuchten, wollen wir zunächst über klinische Endpunkte sprechen. Klinische Endpunkte stellen die Kontrollelemente in klinischen Prüfungen dar: Im Rahmen des Studiendesigns werden spezifische Endpunkte zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit der Intervention ausgewählt. Bevor sie tatsächlich in eine klinische Prüfung aufgenommen werden, muss jedoch nachgewiesen werden, dass anhand dieser Endpunkte adäquat beurteilt wird, wofür sie ausgewählt wurden. Dies geschieht durch ein Verfahren namens Validierung. Die Validierung von Endpunkten stellt einen wichtigen Vorgang dar, um sicherzustellen, dass Arzneimittel korrekt als Ursache eines in klinischen Prüfungen beobachteten klinischen Nutzens identifiziert werden.

Es gibt verschiedene Arten von Endpunkten: primäre, sekundäre und explorative Endpunkte. Primäre Endpunkte, wie der Name schon vermuten lässt, sind die wichtigsten Endpunkte zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Intervention.*Die Zeit bis zur ersten Exazerbation*und das forcierte expiratorische Volumen innerhalb einer Sekunde (FEV1)* sind oft primäre Endpunkte in COPD-Studien.

Sekundäre Endpunkte sind ebenfalls wichtig, sind aber nicht ausschlaggebend für den Erfolg einer klinischen Prüfung. Sie haben eher eine unterstützende Funktion und werden ausgewählt, um zusätzliche klinische Nutzen einer Intervention zu zeigen.* Krankheiten, Arzneimittel und auch unser Körper sind sehr komplex. Oft sind die Wirkungen einer Therapie nicht beschränkt. Es mag zwar ein primäres Ziel geben, aber es kann zu weiteren positiven Wirkungen kommen, die zusätzliche Erkenntnisse aus sekundären Endpunkten bestätigen.

Die explorativen Endpunkte schliesslich dienen allein einem Zweck: der Erforschung. Explorative Endpunkte werden nicht ins Studiendesign aufgenommen, um das Hauptziel der Therapie zu rechtfertigen, sondern um neue Hypothesen zu untersuchen.

Bei einem Endpunkt kann es sich entweder um eine klinische Ergebnisbewertung (COA) oder um Surrogatendpunkte handeln. Laut Vorschriften der U.S. Food & Drug Administration müssen 

klinische Ergebnisbewertungen direkt «beschreiben oder widerspiegeln, wie ein Patient empfindet, funktioniert oder überlebt». Alternativ dazu messen Surrogatendpunkte auf indirekte Weise, wie ein Patient empfindet, funktioniert oder überlebt. FEV1 , der vorgenannte häufige primäre Endpunkt in klinischen COPD-Studien, ist z. B. ein validierter Surrogatendpunkt. Die FDA betrachtet COAs als die «zuverlässigsten Endpunkte klinischer Studien», aber dennoch kommen häufig Surrogatendpunkte als primäre Endpunkte vor: Bei 45 % der neuen Arzneimittel, die zwischen 2010 und 2012 zugelassen wurden, waren die primären Endpunkte Surrogatendpunkte.

Dank Biomarkern könnte die Präzisionsmedizin Wirklichkeit werden, aber Schwierigkeiten bleiben bestehen. 

Zwar sind Biomarker objektive Messgrössen für biologische Prozesse, sie messen aber eigentlich nicht, wie ein Patient empfindet, funktioniert oder überlebt.* Wenn Biomarker als prädiktiv für ein spezifisches klinisches Ergebnis validiert werden, gelten sie als Surrogatendpunkte. Es gibt zahlreiche Kategorien von Biomarkern*:

  • Anfälligkeit/Risiko
  • Diagnostik
  • Überwachung
  • Prognose
  • Prädiktion
  • Reaktion
  • Sicherheit

Diese grosse Vielfalt an Biomarker-Kategorien ist genau der Grund, warum so viel Interesse im Zusammenhang mit COPD besteht. Viele Forscher und Ärzte hoffen, dass sie Biomarker wirksam für die Präzisionsmedizin einsetzen können.* Ein Anfälligkeitsbiomarker könnte von Beginn an (sogar vor Auftreten jeglicher Symptome oder einer zugrundeliegenden Erkrankung) genutzt werden, um zu erkennen, bei wem ein erhöhtes Risiko besteht, an COPD zu erkranken (warum entwickeln manche Menschen, die schädlichen Partikeln ausgesetzt sind, COPD und manche nicht?); diagnostische und Überwachungsbiomarker könnten in der Diagnostik und Behandlungsplanung die FEV1 ergänzen. Ein prognostischer Biomarker könnte von Ärzten eingesetzt werden, um vorherzusagen, bei welchen Patienten ein erhöhtes Risiko von Exazerbationen besteht. In der Arzneimittelentwicklung und in der klinischen Forschung könnten prädiktive, Reaktions- und Sicherheitsbiomarker dazu verwendet werden, das Studiendesign und die Teilnehmerrekrutierung zu verbessern, indem Patienten herausgefiltert werden, die mit höherer Wahrscheinlichkeit auf ein Arzneimittel ansprechen, was den mit der klinischen Forschung verbundenen Aufwand und die entsprechenden Kosten im besten Fall reduziert.

Wenn es so einfach wäre, gäbe es allerdings Unmengen validierter Biomarker. Derzeit ist die Eosinophilenzahl im Blut der einzige Biomarker, der nachweislich prädiktiv im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit ist, dass Patienten auf inhalative Kortikosteroide ansprechen.* Es gibt weitere vielversprechende Biomarker, die jedoch noch nicht validiert wurden.

Die Zukunft der COPD-Biomarker 

Bei COPD besteht das grösste Problem darin (wie auch schon im Zitat aus der GOLD-Leitlinie 2023 angesprochen), dass die Erkrankung bisher vor allem in breiten COPD-Patientenpopulationen untersucht wurde und Angaben zu Ätiologie und Krankheitsmechanismen im Vergleich zu Kontrollpersonen im gleichen Alter fehlen. Ein alternativer Ansatz besteht im Konzept der sog. Endotypen, d. h. in der Nutzung der Krankheitsmechanismen, um innerhalb der Patientenpopulationen Untergruppen zu bilden. Stockley et al. kommen in ihrer Prüfung der im American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlichten COPD-Biomarker zu dem Schluss:

«Biomarkerstudien müssen in der Zukunft vom allzu simplen Ansatz des Vergleichs der COPD-Patienten mit Kontrollprobanden abrücken und einen stärkeren Schwerpunkt auf gezieltere Fragestellungen in spezifischen Patientenuntergruppen/Phänotypen legen. Die Konzepte im Zusammenhang mit den Endotypen und der Krankheitsaktivität sind für diesen zukünftigen Ansatz von ausschlaggebender Bedeutung. Die positiven Daten zur Fähigkeit der Eosinophilenzahl im Blut (Biomarker für einen Endotypen), das Ansprechen auf [inhalative Kortikosteroide] bei Patienten mit erhöhtem Exazerbationsrisiko (klinischer Phänotyp) vorherzusagen, gehen bereits in Teilen auf diese Konzepte zurück, was die Möglichkeit bietet, diesen Biomarker für eine Präzisionsmedizin bei Patienten mit COPD einzusetzen.»

Es ist unwahrscheinlich, dass Biomarker andere übliche Endpunkte wie die FEV1, die Zeit bis zur ersten Exazerbation oder die Exazerbationsrate ersetzen. Dagegen ist es sehr viel wahrscheinlicher, dass Endotypen und Biomarker ergänzend eingesetzt werden und somit Ärzten und Patienten die Chance auf eine personalisierte Präzisionsmedizin und verbesserte klinische Forschung geben.

Tré LaRosa
Tré LaRosa

Tré LaRosa ist Berater, Wissenschaftler und Autor im Raum Washington, DC, mit umfassender Erfahrung in der Forschung (Grundlagenforschung, translationale und klinische Forschung) und im Bereich der Patient Reported Outcomes (Therapieerfolge). Seine zahlreichen Veröffentlichungen befassen sich mit den Neurowissenschaften, der Pulmologie und den Atemwegserkrankungen, einschliesslich der Patientenperspektive. Er bildet sich ständig weiter, liest und schreibt viel, verbringt gerne Zeit in der Natur und erzählt allen von seinem kleinen Golden Retriever Duncan. 

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